Expertenbeitrag Simon Funke, Fraunhofer ISI Elektrisch fährt man günstig - nicht jeder, aber bald

Der Kauf von Elektrofahrzeugen ist aktuell noch sehr teuer. Daher lohnen E-Autos sich heute nur für Vielfahrer. Dies wird sich aber bald schon ändern. Wird das reine Elektrofahrzeug in fünf bis zehn Jahren die günstigste Pkw-Antriebsart sein?

Simon Funke - Experte für Elektromobilität

Der Kauf von Elektrofahrzeugen ist heute noch sehr teuer. So kostet beispielsweise der e-Golf (ohne Rabatte) mindestens 30.000 €, während ein vergleichbarer Verbrenner-Golf für bereits gut 10.000 € weniger zu haben ist. Hauptgrund ist die immer noch sehr teure Batterie, die die teuerste Komponente von Elektrofahrzeugen darstellen. Daher sind hohe elektrische Reichweiten mit hohen Zusatzkosten verbunden. So kann bei großen Reichweiten die Batterie für gut und gerne die Hälfte des Anschaffungspreises eines Mittelklassewagens verantwortlich sein - Tendenz aber fallend. Gegenüber reinen Elektrofahrzeugen haben Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge deutlich kleinere Batterien, sodass auch die Anschaffungsausgaben kleiner ausfallen können.

Wirtschaftlichkeit von Elektrofahrzeugen

Eine ausschließliche Betrachtung der Anschaffungskosten reicht jedoch nicht aus, um die Wirtschaftlichkeit von Elektrofahrzeugen zu beurteilen. Auch die Betriebskosten müssen berücksichtigt werden. Dies ist vergleichbar mit den höheren Anschaffungskosten eines Diesel-Pkw im Vergleich zu einem Benzin-Pkw, die jedoch durch geringere Kraftstoffkosten ausgeglichen werden. Trotz der hohen Anschaffungspreise können sich reine Elektrofahrzeuge daher bereits heute lohnen, wenn sie viel gefahren werden. Zum einen sind die Kosten für Wartung und Instandhaltung bei Batteriefahrzeugen geringer als bei Verbrennern, da sie weniger Verschleißteile haben. Aber auch die Energiekosten sind geringer.

So kostet der Öko-Strom für 100 km elektrisches Fahren im Realbetrieb konservative fünf bis sechs Euro, wohingegen ein effizienter Diesel im Realbetrieb eher bei sechs bis acht Euro und ein Benziner bei acht bis über 10 Euro liegt.

Wird das Elektrofahrzeug teilweise mit selbst erzeugtem PV-Strom geladen, fallen noch geringere Kosten an. Bei Plug-In-Hybridfahrzeugen ist ein hoher elektrischer Fahranteil für geringere Kosten wesentlich. Dieser Fahranteil ist aber sehr individuell.

Kostenvergleich Elektrofahrzeuge und Verbrenner

Für einen fairen Kostenvergleich von Elektrofahrzeugen und Verbrennern sind also alle Kosten für Erwerb und Betrieb der Fahrzeuge über die Lebensdauer notwendig. Eine entsprechende Bewertung der Gesamtkosten (Total Cost of Ownership, TCO) gibt dann Aufschluss darüber, welches Fahrzeug das günstigere ist. So müsste heute ein reines Elektrofahrzeug der Mittelklasse im Schnitt mehr als 40.000 km jährlich fahren, um ohne Förderung günstiger zu sein als ein entsprechendes Dieselfahrzeug.

Zukünftig werden Elektrofahrzeuge aber zunehmend günstiger. Verschiedene Studien gehen davon aus, dass die Anschaffungsausgaben eines Elektrofahrzeugs im Jahr 2025 mit denen eines konventionellen Fahrzeugs vergleichbar sein werden. Dies liegt zum einen daran, dass Elektrofahrzeuge einfacher aufgebaut sind und das Fahrzeug exklusive Batterie günstiger ist als ein Verbrennerfahrzeug. Zum anderen werden die Kosten für Batterien weiter stark fallen. Unterstellt man aktuell durchschnittliche Batteriesystemkosten von 250-300 € je kWh, ergeben sich für eine 40 kWh-Batterie Kosten von mindestens 10.000 Euro. Bis 2030 werden diese Batteriekosten weiter stark fallen und dann nur noch um die 100 € je kWh betragen. Entsprechend wird auch die Anschaffung eines Elektrofahrzeugs deutlich günstiger. Wichtig zu betonen ist, dass sich die genannten Batteriekosten auf das gesamte Batteriesystem inklusive Batteriemanagement beziehen, die um den Faktor 1,3 höher sind als die reinen Zellkosten. Diese Unterscheidung der Zell- und Batteriesystemebene ist entscheidend, wird in der öffentlichen Diskussion aber gerne unterschlagen. Im Gegenzug werden die Kosten für Verbrennungsfahrzeuge steigen, um die strenger werdenden Emissionsgrenzwerte einhalten zu können.

Das reine Elektrofahrzeug in 5 – 10 Jahren als günstigste Pkw-Antriebsart?

Da Stromkosten für Haushaltskunden tendenziell vergleichsweise wenig steigen, der Diesel- und der Benzinpreis aber schon (in Anbetracht einer wahrscheinlichen CO2-Bepreisung und steigender Erdölpreise), wird das reine Elektrofahrzeug in fünf bis zehn Jahren die günstigste Pkw-Antriebsart sein wird. Vorausgesetzt, das eigene Fahrprofil lässt sich mit der Reichweite des Elektrofahrzeugs gut abdecken - was für die meisten Fahrten der Fall sein sollte.

Dennoch, für Vielfahrer werden zukünftig Brennstoffzellenfahrzeuge oder Verbrennungsfahrzeuge mit synthetischen Kraftstoffen diskutiert. Der Vorteil von Brennstoffzellenfahrzeugen und synthetischen Kraftstoffen liegt klar in der längeren Reichweite und kürzeren Betankungsdauer der Fahrzeuge. Nachteilig ist aber die geringere Gesamteffizienz der beiden Systeme gegenüber Elektrofahrzeugen - und damit verbunden höhere Betriebskosten. Auch bei Marktreife ist für Brennstoffzellenfahrzeugen mit mindestens 15% höheren Kilometerkosten zu rechnen als bei Elektrofahrzeugen (Zeithorizont 2030), während synthetische Kraftstoffe wohl erst nach 2030 überhaupt in den Markt kommen werden. Selbst, wenn diese Kraftstoffe günstig in Ländern mit viel erneuerbaren Energien hergestellt werden und diese dann nach Deutschland importiert werden, liegen die Herstell- und Transportkosten von synthetischem Diesel selbst unter optimistischen Annahmen auf absehbare Zeit jenseits von 1,50€ je Liter - ohne Steuern und Abgaben.

Reichweite von E-Autos – weiterhin beschränkt?

Die Reichweite von Elektrofahrzeugen ist zwar in den letzten Jahren gestiegen, wird aber im Gegensatz zu verbrennungsmotorischen Fahrzeugen weiterhin beschränkt bleiben, auch da die Batterie eine schwere und teure Komponente im Fahrzeug ist und auch zukünftig bleibt. Dennoch, mit über 200 km realer Reichweite und einem dichten Ladenetz werden Elektrofahrzeuge für die Abdeckung vieler Mobilitätsmuster interessant. Auch die Modellverfügbarkeit von Elektrofahrzeugen wird weiter zunehmen - laut Transport und Environment von heute ca. 40 Modellen in Europa auf über 150. Zudem werden die Ladezeiten an Schnellladeinfrastruktur für Fernfahrten kontinuierlich kürzer: in der Premiumklasse können heute schon 200 km in weniger als 15 min geladen werden. Wenn auch die Kosten der Elektrofahrzeuge entsprechend der Prognosen fallen, werden diese in absehbarer Zeit für den durchschnittlichen deutschen Pkw-Nutzer die günstigste Option sein. Eine Alternative zum Elektrofahrzeug muss man sich dann leisten wollen.

Die Aussagen des Artikels spiegeln die private Meinung des Autors Simon Funke wider.

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Simon Funke - wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer ISI

Simon Funke forscht seit 2012 zum Thema Elektromobilität und Ladeinfrastruktur. Er hat hierzu am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI seine Promotion verfasst und arbeitet dort in der angewandten Forschung - aktuell in verschiedenen nationalen Forschungsprojekten rund um das Thema Mobilität.

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